Selbst die konservativsten Bankvertreter wissen: Mit «Business as usual» kommt die Finanzindustrie jetzt nicht mehr weiter. Den etablierten Instituten spielt in die Karten, dass Challenger-Banken die Folgen von COVID-19 viel schneller zu spüren bekommen. Es gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen und mit eigenen sogenannten «Flanker Brands» selbst zum Challenger zu werden.
Je härter die Zeiten, desto vorsichtiger die Anleger. Da sie ihr Kapital vermehrt zu vermeintlich sicheren Investments verschieben, fällt es Fintechs momentan schwerer, an neues Kapital zu kommen. In Deutschland wurden allein in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres 16 Fintechs übernommen. Von Januar bis Juli 2019 haben sich Banken in 36 Fällen direkt an Fintechs beteiligt, so der Kooperationsradar von PwC. Die Technologie und das gefragte Knowhow der Newcomer dürfte voraussichtlich in den kommenden Monaten noch günstiger zu haben sein – eine Möglichkeit für etablierte Banken, das eigene Profil um innovative Lösungen und Geschäftsfelder zu erweitern. Konsolidierungen bieten für kapitalkräftige Marktführer die Möglichkeit, endlich die gar nicht mehr so neuen Themen der Fintechs zu besetzen und sich Marktanteile bei jungen und zunehmend auch bei älteren Kunden bis weit in den Best-Ager-Bereich zu sichern.
Digital Banking: Zeit ist Geld
Die Nachfrage nach Digital- und Mobile-Banking-Lösungen wächst. In dieser durch Corona forcierten Umbruchsphase ist Zeit Geld. Verpacken etablierte Finanzmarken ihre Erfahrung und ihr Knowhow in neue digitale Angebote mit einem jungen Look and Feel und hoher User Experience in Flanker Brands, also in neue Marken in derselben Produktkategorie, behalten sie den Anschluss und gewinnen Marktanteile – unabhängig von ihrem Bekanntheitsgrad und dem guten Ruf der Bank. Da die digitalen Angebote nicht komplex und der Bank gut bekannt sind, können solche Vorhaben sehr rasch umgesetzt werden, insbesondere weil sie auf bestehenden IT-Infrastrukturen aufsetzen.
Mit Usability und Komfort überzeugen
So bietet sich Finanzinstituten die Möglichkeit, Erfahrungen mit neuen Arten des Bankings zu sammeln und Best Practices zu entwickeln. Wie und ob Angebote, die sich in den nächsten Monaten bewähren, mittel- und langfristig mit der Hauptmarke verschmelzen, kann später entschieden werden – Hauptsache, das Institut bietet den Kunden schnell Services, die sich in der Krise bewähren und in puncto Usability und Komfort überzeugen. Eines sollte klar sein: Der Markteintritt mit innovativen Produkten lässt sich nicht auf die lange Bank schieben.